Essen und Trinken ist für den Erhalt unserer Gesundheit essentiell. Viktoria Rafalski, Oberärztin in der Medizinischen Klinik, und Diätassistentin Eva Carola Marschal aus der Stiftung Herzogin Elisabeth Hospital berichten, was eine ausgewogene Ernährung ausmacht.
Sie beide haben eine differenziertere Sicht auf Ernährung als jemand, der sich nicht beruflich damit befasst. Welches Ernährungskonzept empfehlen Sie?
R: Da es unglaublich viele Informationen zu gesunder Ernährung gibt, die sich in ihren Aussagen leider nicht immer decken, ist es für den Laien oftmals schwierig, die Spreu vom Weizen zu trennen. Uns ist es daher ein Anliegen, über eine „alltagstaugliche“ gesunde Ernährung zu sprechen, aus der jeder etwas für sich mitnehmen kann. Vollwertig essen und trinken lässt sich auf Basis der zehn Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) am einfachsten, also alltagstauglich, umsetzen.
Grob zusammengefasst – was beinhalten diese zehn Regeln?
M: Abwechslung ist das A und O. Wer beispielsweise auf regionale Produkte setzt, sorgt durch ihre saisonale Verfügbarkeit für eine natürliche Abwechslung auf dem Speiseplan. Darauf sollten Gemüse und Obst überwiegen. Empfehlenswert sind täglich drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst. Als Portionsgröße dient die Innenfläche der eigenen Hand. Die in Vollkornprodukten enthaltenen Ballaststoffe unterstützen unsere Darmfunktion, helfen bei Verstopfung und liefern B-Vitamine, Zink und Eisen. Bei Brot, Nudeln und Reis also besser die Vollkornvariante wählen. Hülsenfrüchte sind eine gute pflanzliche Eiweißquelle und liefern zudem noch Zink und Folsäure. Humus aus Kichererbsen mit frischen Kräutern oder gelbe und rote Linsen sind zum Beispiel eine gesunde Alternative zu Mehlschwitze oder Soßenbinder. Tierische Lebensmittel ergänzen eine ausgewogene Ernährung. Während Milchprodukte täglich auf dem Speiseplan stehen dürfen, sollte sich die wöchentliche Menge an Fleisch und Wurst auf insgesamt 300 bis 600 Gramm beschränken. Als Teil einer vollwertigen Ernährung versorgt uns ein bis zweimal pro Woche Fisch mit lebenswichtigen Nährstoffen. Magerer Fisch wie Seelachs oder Kabeljau gilt als guter Jodlieferant. Fetter Fisch wie Makrele, Lachs oder Hering versorgt uns mit wertvollen Omega-3-Fettsäuren – so übrigens auch pflanzliche Öle. Ich empfehle Rapsöl zum Braten, auch Olivenöl kann bis 180 Grad erhitzt werden. Weitere empfehlenswerte Öle sind Leinöl, Walnussöl, Weizenkeimöl und Hanföl für die kalte Küche.
Enthalten die zehn Regeln auch Hinweise zur Speisenzubereitung?
M: Die Speisen sollten möglichst schonend zubereitet werden. Dies ist magenfreundlicher und verhindert den Verlust von Vitaminen und Mineralstoffen. Mit Salz und Zucker sparsam umgehen! Die maximale Tagesdosis an Salz sollte bei 5-6 Gramm liegen. Bereits der Verzehr von 3-4 Scheiben Brot kann 1,8-2,4 Gramm Salz beinhalten. Zudem verstecken sich in Fertigprodukten viel Zucker und Salz. Auf diese sollte möglichst verzichtet und besonders salzreiche sowie bereits gesüßte Lebensmittel und Getränke reduziert werden. Wer sein Salatdressing selber macht, kann zwischen einem Gramm Salz und 2,2 Gramm Zucker sparen. Als Snack zwischendurch besser fünf Walnusshälften oder Gemüsesticks mit Frischkäse naschen. Wer nicht gerne Wasser trinkt, sorgt mit ungesüßtem Tee, Saftschorlen, 3-4 Tassen Filterkaffee und einem Glas alkoholfreiem Bier für Abwechslung.
Da wir gerade beim Thema Trinken sind: Viele tun sich schwer, auf die empfohlene Tagesdosis von 1,5-2 Liter zu kommen. Haben Sie einen Tipp?
R: Mein Tipp ist, bereits morgens – und nachmittags noch einmal – eine Kanne Tee zu kochen oder Wasser mit Zitrone und Ingwer anzusetzen. Dann mit dem Getränk gefüllte Gläser dort verteilen, wo ich mich aufhalte oder stündlich einen Wecker als Erinnerung stellen. Mit zunehmendem Alter verändert sich das Durstverhalten: Das Durstempfinden wird weniger und das Trinken immer häufiger vergessen. Im Klinikalltag sehen wir immer wieder Patienten, die förmlich ausgetrocknet sind.
Haben auch die sogenannten „Superfoods“ wie Chiasamen, Acai-Beeren und Co. einen Platz in Ihrem Ernährungskonzept?
R: Exotische Früchte und Samen sind nicht unkritisch und sollten nicht unkontrolliert eingenommen werden. Zudem sind Sie häufig teuer und mit Schadstoffen belastet. Ob Rohkost, gedünstetes Gemüse oder Obstsalat mit Joghurt – unsere heimischen Pflanzen wie Leinsamen, Rote Beete oder Grünkohl haben selbst einen hohen Nährstoffgehalt und versorgen uns mit ausreichend Vitaminen und Spurenelementen.
Inwiefern ergänzt regelmäßige Bewegung – neben gesunder Ernährung – einen gesunden Lebensstil?
R: Eine vollwertige Ernährung und körperliche Aktivität gehören zusammen. Regelmäßige Bewegung stärkt die Muskulatur und Knochen. Erfolgt diese an der frischen Luft bei Sonnenschein, wird Vitamin D gebildet, das u.a. für die Aufnahme von Calcium in die Knochen notwendig ist und damit Osteoporose vorbeugt. Bereits 30 Minuten Bewegung täglich – zügiges Spazieren, Schwimmen, Fahrradfahren, Tanzen – kann helfen, das Körpergewicht im Gleichgewicht zu halten.
Ernährungskompetenz schafft Lebensqualität gerade im Alter; hierdurch lassen sich Übergewicht und Mangelernährung verhindern. Für eine individuelle Beratung zu Ernährung und Erkrankungen gibt es die Möglichkeit einer ambulanten Ernährungsberatung. Hausärzte können bei Bedarf eine Verordnung ausstellen, damit die Krankenkasse die Kosten übernimmt. Zertifizierte Fachkräfte finden Sie unter www.vdd.de und www.vdoe.de.