2 / 2021
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Expertenrat: Sturzprävention im Haushalt

Stolperfallen wahrnehmen und beseitigen

Ein Sturz in den eigenen vier Wänden ist nicht selten und gehört zu den häufigsten Gründen von Verletzungen des Bewegungsapparates. „Ein Unfall im häuslichen Umfeld kann fatale Folgen haben“, weiß Dr. med. Michael Colditz, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie im MVZ Herzogin-Elisabeth-Hospital in Volkmarode. „Im besten Falle kommt es nur zu Prellungen, wahrscheinlicher sind aber vor allem im höheren Alter Brüche, wie Oberschenkelhalsbrüche. Grund hierfür ist u. a. der Knochenabbau (Osteoporose) im fortschreitenden Alter, aber auch Gangunsicherheit, Muskelabbau und Sehschwäche.“

Um Sie vor Stolperfallen und ihren Nachwirkungen zu schützen, fasst Dr. Colditz die häufigsten Sturzursachen aus dem häuslichen Umfeld für Sie zusammen:

  • Können Sie Ihre Füße nicht mehr richtig anheben oder sind Sie auf die Unterstützung eines Rollators angewiesen, können Teppiche und Läufer, die beispielsweise im Eingangsbereich oder unter dem Wohnzimmertisch liegen, zu Stürzen führen.

  • Die Gefahr, an einem Kabel hängen zu bleiben, ist hoch. Lassen Sie Ihre Strom- und Verlängerungskabel von Fernseher, Stehlampe und Co. in Kabelkanälen und Fußleisten verschwinden oder nutzen Sie Befestigungen für Tische und Wände.

  • Treppen und Stufen lassen sich – insbesondere bei Mietwohnungen – nicht vermeiden. Aber sorgen Sie dafür, dass sich auf den Stufen keine Gegenstände befinden. Der Fußboden sollte grundsätzlich frei von Gegenständen wie Dekoration, Vasen oder Spielzeug bleiben. Schaffen Sie sich freie Gänge, vor allem wenn auch Ihr Sichtfeld eingeschränkt ist. In Ihrem Eigenheim können Sie Ihre Treppe zudem rutschfest gestalten. Nehmen Sie sich zudem Zeit beim Treppenlaufen und gehen Sie lieber zweimal, damit zu viele Gegenstände nicht ihr Sichtfeld einschränken. Sollten Stufen bereits größere Probleme machen, bringt ein Treppenlift Erleichterung.

  • Schwierig zu ändern, aber unbedingt zu beachten: Insbesondere in alten Gebäuden bzw. in Altbauten sorgen Türschwellen für Behinderung. Wer auf einen Rollator angewiesen ist, weiß, dass Erhöhungen in der Türzeile den Übergang in ein anderes Zimmer erschweren und schnell zu einer Stolperfalle werden können.

  • Auch im Badezimmer lauern viele Gefahren: feuchte Böden, Duschwannen mit Erhöhung zum Einsteigen, rutschige Vorleger und Fliesen. Wer hier stürzt, zieht sich in der Regel schwerwiegende Verletzungen zu. Haltegriffe für Toilette, Dusche oder Badewanne, ein Duschhocker oder Anti-Rutschmatten schaffen Abhilfe und erhöhen die Sicherheit im Badezimmer.

  • Die Fenster putzen und anschließend schnell die Gardinen aufhängen oder mit der Leiter eine Glühbirne wechseln? Holen Sie sich vor allem bei Hausarbeiten in der Höhe Unterstützung. Wenn Sie keine Kinder oder Enkelkinder haben, gibt es sicher ein hilfsbereites Nachbarskind, das sich ein paar Euro verdienen möchte. Zudem sollten Sie die Rutschgefahr eines frisch gewischten Fußbodens nicht unterschätzen. Betreten Sie den Fußboden erst wieder, wenn er getrocknet ist.

  • Wie sicher sind Ihre Hausschuhe? Wer bereits Gehprobleme hat, sollte keine Schuhe tragen, die am Fersenbereich offen sind. Die Gefahr ist groß, herauszurutschen und zu stolpern. Zudem sollten Ihre Hausschuhe für besseren Halt eine Profilsohle haben. Achten Sie außerdem auf passende Kleidung. Bei Blusen mit weiten Ärmeln und Schürzen können Sie leicht an einer Türklinke oder anderen Gegenständen hängenbleiben und das Gleichgewicht verlieren. Sind Kleider, Röcke und Hosen zu lang oder am Bein ausgestellt, können Sie schnell ins Stolpern geraten.

Dr. Colditz: „Daher meine Bitte: Überprüfen Sie Ihr Heim schnellstmöglich auf Stolperfallen, schaffen Sie Alternativen und passen Sie auf sich auf. Ihre Gesundheit wird es Ihnen danken.“ Ist es doch einmal zu einem Sturz gekommen, sollte in jedem Fall ein Orthopäde bzw. Unfallchirurg aufgesucht werden, wenn Beine, Arme oder Schulter nach dem Sturz noch tagelang schmerzen oder anschwellen. „Denn hinter solchen Beschwerden könnte sich ein Knochenbruch verstecken und nicht immer wird dieser von den Betroffenen selbst bemerkt.“, weiß der erfahrene Facharzt.

  • In Deutschland verunfallen jedes Jahr ca. 3 Millionen Menschen in ihrem eigenen Zuhause so schwer, dass sie medizinisch versorgt werden müssen. (Quelle: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin)

  • Allein im Jahr 2015 kamen ca. 12.900 Menschen durch einen Sturz ums Leben – verursacht durch eine Stolperfalle. 94 Prozent hiervon waren älter als 60. (Quelle: Das sichere Haus e.V.)

  • Als Vegleich: Im Straßenverkehr starben im Jahr 2015 3.459 Personen. (Quelle: Statistisches Bundesamt)