2 / 2022

Von links nach rechts: Jasmin Vogel, Gregor Kaluza, Ingo Hlubek, Sabine Dömer, Andrea Schötz.

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Der Mensch im Mittelpunkt

                                                                                                                                                                                                                                                            Unser Soziales Management

Liebe Mitglieder,
seit 15 Jahren gibt es nun in unserer Baugenossenschaft die Abteilung Soziales Management (SM). Gestartet sind wir im Jahr 2003 noch unter dem Begriff „Soziale Dienste und Beratung“ damals mit nur einem Mitarbeiter bis wir im Jahr 2007 beschlossen haben, die Abteilung SM zu gründen.

Inzwischen sind wir im Sozialen Management fünf Kollegen*innen und es hat sich viel bewegt: Es gibt mittlerweile nicht „nur“ soziale Beratungsdienste, die wir selbst anbieten, sondern auch diverse von uns initiierte Nachbarschaftstreffs, viele Aktivitäten, Gruppenangebote und unterschiedliche Projekte.
Vor allem sind gute und wertvolle Kontakte zwischen Ihnen als Nachbarn sowie wichtige Kooperationen zwischen Institutionen entstanden, mit denen die quartiersbezogene Arbeit weiterentwickelt werden konnte. Und auch innerhalb unserer Baugenossenschaft haben wir als Abteilung einen festen Platz gefunden!

Über die Aufgaben, Prioritäten und Akzeptanz des Sozialen Management sprechen wir heute mit Gregor Kaluza. Der gelernte Dipl. Sozialpädagoge ist seit 2016 Abteilungsleiter und arbeitet bereits seit Mitte 2003 für die ›Wiederaufbau‹.

 

Willkommen: Was zeichnet ein Soziales Management in einer Baugenossenschaft aus?

Gregor Kaluza: Es ist in der ersten Linie die persönliche Nähe zum Kunden. Durch beständigen persönlichen Kontakt zu unseren Mietern, steter Präsenz in den Quartieren und nicht zuletzt durch diverse Mieterbefragungen wurde uns schnell bewusst, dass es nicht genügt, Menschen mit Wohnraum zu versorgen. Zu den elementaren Bedürfnissen eines jeden gehören ebenso Sicherheit, ein gepflegtes Wohnumfeld und die Möglichkeit, soziale Kontakte zu haben. Wir stellten fest, dass wir viel davon schon seit Jahren leisten. Wo wir Lücken sahen, verbesserten wir uns und schlossen weitere Kooperationen mit Institutionen, Behörden und Vereinen (wie z.B. zuletzt in unserem Quartier in SZ-Lebenstedt). Ziel wird uns immer sein, dass Menschen bei uns nicht nur wohnen, sondern leben können.

 

Willkommen: …und welche konkreten Angebote bietet ein Soziales Management ›Wiederaufbau‹ an?

Gregor Kaluza: In den laufenden Jahren haben wir einen gebündelten Katalog mit unseren Angeboten entwickelt. Dieser gliedert sich in die Überbegriffe: Sicheres Wohnen, Unterstützung im Alltag, Gesundheit und Geselligkeit und Hilfen in besonderen Lebenssituationen. Unsere Angebotspalette ist sehr umfassend und breit gefächert. Informationen, was wir zu bieten haben, wo wir unterstützen können und wer Ansprechpartner ist, sind bei uns immer sehr transparent und über verschiedene Kanäle zu finden (Anmerkung: z.B. über Flyer, auf unserer Homepage oder auch in jeder Ausgabe des Kundenmagazins „Willkommen“, vgl. Seite … in dieser Ausgabe).

 

Willkommen: können Sie in wenigen Worten beschreiben, was ist überhaupt Soziales Management?

Gregor Kaluza: Soziales Management in unserem Verständnis bedeutet das professionelle Planen, Steuern und Durchführen von Handlungsinterventionen um soziale Probleme zu verhindern, zu mindern oder zu bewältigen und um zwischenmenschliche Beziehungen zu fördern. Die Basis der sozialen Arbeit bilden Einzelfallhilfen, Gruppenarbeit und Arbeit im Gemeinwesen – immer dem Menschen zugewandt. Also nach dem Motto: „Der Mensch steht für uns im Mittelpunkt“. Deshalb sind wir immer auch da, wenn persönliche Schwierigkeiten auftauchen, wenn Nachbarschaftskonflikte unüberwindbar zu sein scheinen, wenn das Wohnen im Alter in der gewohnten Umgebung schwierig wird, wenn z.B. durch Sprachschwierigkeiten die Kommunikation oder Integration nicht zustande kommen will, wenn die Miete nicht bezahlt werden kann – aber auch dann, wenn Missverständnisse mit der ›Wiederaufbau‹ selbst geklärt werden müssen, stehen wir mit unserem fachkundigen Personal zur Seite.
Mit anderen Worten, wir kümmern uns um den Einzelnen und um die Gemeinschaft; und wir sorgen dabei um sympathische Nachbarschaft.  Das alles und auch noch mehr gehört in unseren Augen zum Begriff „sozial“ und passt wunderbar zu uns, einer Baugenossenschaft.

 

Willkommen: Dass sich zwei Leute in einem Mietshaus nicht verstehen, gibt es des Öfteren. Warum macht es Sinn, da zu vermitteln? Es könnte sich doch jeder in seine Wohnung zurückziehen, oder?

Gregor Kaluza: Gerade in einem typischen Wohnblock, in dem acht oder zwölf Parteien wohnen,
bekommt man sehr viel voneinander, etwas vom Leben des anderen, mit. Es ist zum Teil auch relativ hellhörig. Miteinander zu wohnen ist auch eine Form von Beziehung. Ob ich will oder nicht, ich muss mich irgendwie beziehen.  Nehmen wir an, mein Nachbar tut etwas, was mich stört. Wenn ich dann die Neigung dazu habe, auf mein Gegenüber zu projizieren „der hat was gegen mich”, gestalten wir  den  schönsten  Beziehungskonflikt. Ich selbst wohne seit dreißig Jahren in den verschiedensten Mietwohnungen und habe selbst die Erfahrung gemacht, dass ich mich in jeder neuen Wohnung wieder neu beziehen, das heißt mit meiner Umgebung arrangieren muss. Es geht gar nicht anders. Es hat dabei auch Situationen gegeben, in denen ich gespürt habe: „Das will  ich  so  nicht.”  Ich habe versucht eine Klärung herbeizuführen.  Dabei musste ich die Erfahrung machen, dass eine gemeinsame Ebene nicht möglich war. In solchen Fällen kann es hilfreich sein, wenn jemand von außen moderiert.

 

Willkommen: Was stand zuletzt bzw. steht heute im Fokus der Aktivitäten Ihrer Abteilung?

Gregor Kaluza: Aktuell steht bei uns in Fokus u.a. der Aufbau eines nachhaltigen Quartiersmanagements in SZ-Lebenstedt, intensive und hilfsorientierte Begleitung von diversen Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen und vor allem Aufbau eines speziellen Beratungsangebotes für unsere Mieter*innen rund um „Einkommen“ und finanzielle Hilfen, um sie in ihrer unsicheren Lage bestmöglich zu unterstützen. Hintergrund des Sonderangebotes ist die Tatsache, dass diverse Weltgeschehnisse, welche mit unsicheren Preisprognosen und erhöhten Kosten einhergehen, bei sehr vielen Menschen für (finanzielle) Ängste sorgen. Mit dem Angebot wollen wir der ›Wiederaufbau‹ Mieterschaft aufzeigen und auch prüfen, ob bei dem einzelnen Mieter ein Anspruch auf mögliche zusätzliche Sozialleistungen, wie Wohngeld, Grundsicherung, Kindergeldzuschlag oder sonstige Transferleistungen besteht und gleichzeitig bei der Antragsstellung proaktiv helfen. Viele unsere Mieter haben in den letzten zwei Jahren bereits wegen der Coronapandemie und damit einhergehenden Einschränkungen gelitten (Vereinsamung, fehlende soziale Kontakte etc.) jetzt kommen neue Herausforderungen, wie finanzielle Ängste.

 

Willkommen: Apropos Pandemie: Hinter uns liegen über zwei Jahre Corona Pandemie. Wie hat sich diese auf Ihre Arbeit ausgewirkt?

Gregor Kaluza: Auf jeden Fall hat in den letzten fast zwei Jahren die Coronapandemie auf unser „Tagesgeschäft“ starken Einfluss genommen. Somit hat sich auch für unsere Genossenschaft und unsere Mitglieder einiges gendert. Wir mussten beispielsweise – zumindest vorrübergehend – nicht nur unsere Geschäftsstelle, sondern auch unsere Außenbüros und die Nachbarschaftstreffs schließen. Da wir nur noch wenig direkten Kontakt zu den Mitgliedern hatten, mussten die Änderungen in den Arbeitsabläufen erst einmal organisatorisch umgesetzt werden. Gewohntes war plötzlich viel aufwendiger. Zu Beginn wusste niemand genau, wie dies und jenes gemacht werden sollte, und vieles lief zunächst nur zäh. Wir, MitarbeiterInnen der Abt. SM, die ja eigentlich meist vor Ort bei den Kunden und in den Quartieren tätig sind, mussten plötzlich vieles vom Schreibtisch aus erledigen. Wir haben dann schnell damit begonnen, Einzelgespräche anzubieten. Vielfach zunächst telefonisch, der Gesprächsbedarf war sehr hoch. Als wir die Nachbarschaftstreffs etc. wieder öffnen durften, war die Freude bei allen groß. Seit dem 1. April können sich wieder Gruppen in unseren Räumen treffen. Am Ende ist alles eine Frage der Gewöhnung und Routine. Auch unsere Sprechzeiten in den Nenachbarschaftstreffs und Außenstellen finden wieder statt.

 

Willkommen: Wie war es mit der Arbeit im Homeoffice?

Gregor Kaluza: Da sind wir uns in der Abteilung alle einig: anstrengend. Zu Hause gab es zwar weniger Störungen und es ließ sich darum besonders effektiv arbeiten – aber wir konnten uns nicht einfach mal eben von Tür zu Tür abstimmen. Das hat uns allen sehr gefehlt. Aber es hat sich auch gezeigt, wie schnell Dinge geregelt werden können. Ich finde es klasse, wie flexibel sich alle auf die neue Situation eingestellt und dazu beigetragen haben, dass alles so gutfunktioniert hat. Anderseits sind wir auf direkte Menschenkontakte irgendwie angewiesen und froh, wenn sie zu uns kommen.  

Willkommen: Finden die Mieter es immer gut, wenn Sie kommen?

Gregor Kaluza: Die Gespräche in den Streitfällen finden nur statt, wenn die Betroffenen dazu bereit sind. In den Einzelberatungen erleben wir oft zunächst einmal Abwehr. Das ist nachvollziehbar. Wenn der Vermieter kommt und man weiß, man hat die Miete nicht bezahlt, ist oft sehr große Vorsicht: „Was wollen die jetzt von mir?” Unter diesen Vorzeichen in eine vertrauensvolle Beziehung zu kommen, gehört zum Handwerkszeug in unserer Arbeit. Es geht deshalb zunächst darum, eine Beziehung zu schaffen, indem wir konkrete Hilfe anbieten. Und die Mieter haben was davon, wenn zum Beispiel der Strom wieder angestellt wird oder wenn die finanzielle Situation geklärt werden kann. Dann ist eher eine andere Basis da. Bei den Streitfällen ist es so, dass die Leute selbst oft an eine Grenze gekommen sind. Sie erhoffen sich etwas aus den Gesprächen. In der Regel, dass dem Gegenüber endlich jemand sagt, dass er oder sie nicht richtig ist. Das ist natürlich die Hoffnung (lacht).

 

Willkommen: Wagen wir mal einen Blick in die hoffentlich nahe Zukunft ohne Corona. Worauf freuen Sie sich besonders?

Gregor Kaluza: Langfristig wollen wir versuchen, unsere Nachbar-Treffs bei Jugendlichen bekannter zu machen, und ihnen zeigen, dass sie auch ihnen offenstehen. Generell möchten wir gerne mehr Angebote bieten, die zwischen den Generationen vermitteln; gerne auch in Zusammenarbeit mit Schulen oder anderen Jugendeinrichtungen. Generell freue ich mich darauf, unsere Mitglieder wieder treffen zu können, und auf Veranstaltungen für die Gemeinschaft.

Willkommen: Zum Abschluss des heutigen Gesprächs können Sie eine Botschaft an unsere „Willkommen-Leser*innen“ richten  

Gregor Kaluza: Lassen Sie uns den „Schatz des Füreinanders und Miteinanders“ bewahren, in gute nachbarschaftliche Erlebnisse umsetzen und auch in Zukunft schwierige Situationen erfolgreich gemeinsam meistern. Seien Sie wohlwollende Nachbarn und genießen Sie ein warmherziges Miteinander. Wir freuen uns deshalb auf die weitere Zusammenarbeit mit Ihnen.